Statt Pfingstfahrt, auf zur Guten Tat: Ein Diensteinsatz in der Ukraine. Mit viel Mut, einem Kofferraum voll Werkzeuge, und phasenweise etwas weichen Knien brechen am Pfingstsamstag zehn Raider und Rover in die Ukraine auf. Die Aktion ist lang und gut geplant: Die griechisch-katholische Erzdiözese Kiew hat uns einen Kontakt zu zwei Familien vermittelt, die während der Besetzung der Kiewer Vororte im Frühjahr 2022 ihr Haus verloren hatten. Seither leben sie zusammengepfercht in Wohncontainern. Mit je einem Holzanbau wollen wir ihre Wohnfläche verdoppeln. Selbst unsere Versicherung findet diesen Plan gut und erklärt sich bereit, die nötigen Garantien für den Diensteinsatz zu übernehmen.
Vom Bodensee sind es rund 2000km nach Kiew. Ab der EU-Außengrenze sind die Straßen schlecht, macht ingesamt 24 Stunden Autofahrt. Als wir in Irpin, 20km vor Kiew, ankommen, die erste Überraschung: Zwar sind viele Häuser zerstört und ausgebrannt, doch das Leben pulsiert: Überall sind Menschen unterwegs, der Verkehr ist hektisch, die Geschäfte voll, auf den Straßen spielen Kinder, die Jugendliche stehen in Cliquen zusammen. Abgesehen von den Ruinen, eine Stadt im Normalzustand. Das ändert sich selbst dann nicht, als wir zum ersten Mal die Sirenen des Luftalarms hören. Erschrocken halten wir nach dem nächsten Schutzraum Ausschau, doch niemand außer uns nimmt Notiz vom Alarm. Das Leben geht einfach weiter. „Am meisten hat mich bewegt, dass die Menschen in der Ukraine trotz Krieg dort leben können und mit der Situation nach außen hin total gelassen umgehen“, meinte Philipp S. im Rückblick.
Ab jetzt arbeiten wir auf unseren beiden Baustellen: Erst das Fundament betonieren, dann eine doppelt isolierte Holzplattform als Fußboden, darauf die Wände, innen und außen verschalt, Elektrokabel verlegt, Türen und Fenster eingesetzt, obendrauf ein isoliertes Blechdach und zuletzt alle Holzwände mit Lasur gestrichen. Roman L., unser Zimmermeister, übernimmt das Kommando und teilt alle Arbeiten ein. Liubomyr besorgt das nötige Baumaterial, freilich im Ukraine-Modus. Gekauft wird nicht im Baumarkt nebenan, wo es alles vorrätig gibt, sondern beim „besten Freund“, der das Material höchstpersönlich anliefert, irgendwann – aber sicher später als versprochen, und stets so knapp bemessen, dass wir Holz, Isolation, Folie, Schrauben… dreifach nachbestellen müssen. Und so wächst unser Bau, doch langsamer als gedacht. Fazit: Ein Anbau ist vollendet, der andere, bei dem wir zwei Tage auf den Beton fürs Fundament warten müssen, bleibt vorerst ohne Fenster und Türen. Doch Marynas Freude über ihre Helfer aus Deutschland ist deswegen nicht getrübt. Täglich kommt sie mit anderen Nachbarn und zeigt ihnen stolz ihr neues Zuhause.
Unsere beiden Anbaus aus Holz sind natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber Raphael F. hat vermutlich recht, als er beim Abschied meint: „Vielleicht sind die Häuser, die wir gezimmert haben, gar nicht das Wichtigste unseres Einsatzes, sondern die Bereitschaft, hierher in die Ukraine zu kommen und zu helfen, das war für die Menschen, denk ich, das eigentlich Wertvolle.“
Link zu einem Bericht auf der Homepage des Erzbistums Kiew.
Auch weiterhin besteht die Möglichkeit, Familien zu unterstützen, die durch den Krieg ihr Zuhause verloren haben.
Spendenkonto: Katholische Pfadfinderschaft Europas | IBAN: DE92 5065 2124 0029 0005 93 | Verwendungszweck: Ukraine-Hilfe