…Verschlafen blinzle ich aus dem Schlafsack. Im Zelt brennt bereits ein Feuer, hier drinnen ist es trotz November angenehm warm. Ich bin unterwegs nach Vezelay, zum Heiligtum von Maria Magdalena, zusammen mit Hunderten anderer Raider und Rover. Bei uns im Zelt starten wir den Tag mit dem Angelus, dann schnell Zähneputzen, Wasser aufsetzen, das Kaffeepulver im Rucksack suchen und raus zur Morgenrunde. Inzwischen ist auch das frische Baguette geliefert, für jeden eine Stange, allein das ist schon ein Grund, nach Frankreich zu fahren! Irgendwie haben wir uns beim Frühstück verplaudert, jedenfalls ist unsere Kothe das letzte Zelt, das noch auf dem Lagerplatz steht. Abmarsch ist in 10 Minuten, es geht zwei Kilometer ins nächste Dorf, wo wir heute am 2. November eine französisch-deutsch-lateinische Allerseelenmesse feiern. Die uralte Kirche (…hier in Frankreich sind alle Kirche gefühlt uralt…) ist vermutlich das ganze Jahr über nie so voll wie bei unserer Wallfahrt. Alle Sitz-/Steh-/Knieplätze sind doppelt belegt. Wenn wir einen Gesang anstimmen, scheinen die Mauern zu wackeln. Katholischsein ist einfach magnifique! Unsere heutige Wallfahrtsroute ist super kurz, so wir haben viel Zeit für eine lange Mittagpause, für Katechese, Stille Stunde, Ratschen, Mittagssteaks braten… Am späten Nachmittag kommen wir am zentralen Lagerplatz vor Vezelay an. Die romanische Basilika Sainte-Marie-Madeleine, die oben auf dem Berg thront, beherrscht nicht nur die ganze Ort, sondern prägt auch das Panorama unseres Zeltplatzes. Auf engstem Raum drängen sich hier 2000 Raider und Rover. Oder sind es inzwischen doch eher 3000? Alle kochen auf ihrem Lagerfeuer, dichter Rauch liegt über dem Tal, alle sind in gespannter Stimmung auf den heutigen Abend – eine einzigartige Atmosphäre. In der Dämmerung versammeln wir uns um zwei riesige Feuer. In Gruppen von 50 bis 100 Personen ziehen wir mit einem Fackelmeer in nächtlicher Prozession zum Heiligtum. Wir umrunden zuerst den gesamten Berg und treffen uns singend und betend vor die Basilika. Wenn hier das Kyrie des Gueux angestimmt wird, zählt dies zu den Höhepunkten der Wallfahrt. Und genauso, wenn unter den Klängen des Pange lingua der Eucharistische HERR in sein Heiligtum einzieht. Ok – die Aufnahmen sind von 2023, aber es klang 2024 genauso schön! Es wechseln Gesänge, Impulse und Stille. Und zwischendrin ist Gelegenheit, bei einem der 100 Priester in den Seitenschiffen zu beichten und als schönes Zeichen ein zusätzliches Teelicht vor den HERRN in der Monstranz zu stellen. Schon jetzt ist für mich klar: 2025 bin ich wieder dabei!