Der Pfadfinder lebt den Sinn fürs Konkrete. Wir wollten nicht nur irgendwelche Hilfsgüter an der polnisch-ukrainischen Grenze abstellen. Unsere Vision war, für unsere Pfadfinderbrüder im Kriegsgebiet genau diejenigen Hilfsgüter zu organisieren, die sie momentan ganz konkret brauchen und dann für den Transport ins Kriegsgebiet zu sorgen – dorthin wo große Hilfsorganisationen kaum hinkommen und die Not am größten ist. Und mit viel Unterstützung – vor allem von oben – ist es uns tatsächlich gelungen. Doch bis dorthin gab es unzählige Hürden zu überwinden…
„Hemostatic Bandages“, „Israeli Bandage Packs“ usw. stand da auf der Liste, die wir aus der Ukraine von den Pfadfindern unseres dortigen Schwesterverbandes erhalten hatten. Doch leider war ein Großteil des benötigten medizinischen Equipments in Deutschland und Österreich bereits vergriffen. Selbst im medizinischen Fachhandel gab es nur noch einzelne Restposten. Technisches Krisengerät wie Notstromaggregate waren sowieso kaum noch zu bekommen. Man musste buchstäblich von Obi zu Obi fahren, um mit viel Glück hier oder dort noch ein Gerät zu ergattern. Wer hätte das gedacht! Jetzt hatten wir von Wohltätern und Unterstützern über 75.000 Euro Spendenbetrag für unsere Ukraine-Hilfsaktion erhalten, aber konnten das Geld nur mit Mühe für die benötigten Dinge ausgeben.
Es gab freilich auch viele beeindruckende Überraschungen: Immer wieder kam es vor, dass eine Firma auf gezielte Nachfrage die Ware einfach als Spende deklarierte, ohne einen Cent zu verlangen, einmal sogar im Wert von 10.000 Euro. Vergelts Gott! So füllten sich unsere Sammelgaragen immer mehr und wir konnten schon bald an die Planung des Transportes denken, um Zollpapiere vorzubereiten und die hochwertigen Pakete zum vereinbarten Treffpunkt in Przemyszl an der polnisch-ukrainischen Grenze zu bringen. Zur festgelegten Zeit würden die ukrainischen Pfadfinder ihrerseits mit ausreichend Fahrzeugen über die Grenze kommen und das Equipment übernehmen.
Weil wir unsere Pfadfinderfreunde nicht nur materiell unterstützen wollten, kam uns die Idee, jedes Paket mit einem ukrainischen Gebetszettel auszurüsten. Jedes Erste-Hilfe-Päckchen sollte nicht nur etwas für die Gesundheit des Leibes enthalten, sondern auch eine geistliche Stärkung. Wir baten darum Pater Polykarp, den ehemaligen Bundeskurat der ukrainischen KPE, uns ein passendes Gebet auf Ukrainisch zu schicken. Zusammen mit einer Ikone von ukrainischen Heiligen packte ein Helferteam diese Gebetszettelchen in München in die Hilfslieferungen.
Jetzt endlich konnte es losgehen. Mit vier Fahrern starteten die beiden Lieferwagen Richtung Osten. Das Timing war perfekt, die Übergabe in Polen klappte reibungslos. Es war bewegend zu sehen, wie sehr man sich über simple Dinge gefreut hat. Verbandsmaterial, das Leben rettet, Stirnlampen, die denjenigen, die in Bunkern ausharren, etwas Licht geben, und vieles mehr. Zugleich war es bedrückend zu wissen, dass unsere Freunde nun den gefährlichen Teil der Reise antreten mussten. Dennoch feierten wir den Erfolg noch beim internationalen ukrainisch-polnisch-deutschen Abendessen, auf dem Rückweg dankten wir in Tschenstochau der Muttergottes für die gelungene Aktion und vertrauten gleichzeitig die ganze Ukraine ihrem mütterlichen Schutz an.
Inzwischen haben uns auch erste dankbare Rückmeldungen aus dem Kriegsgebiet erreicht. Wie man auf Fotos sehen kann, wurde mit den Stoffen, die wir geliefert haben, von fleißigen Babuschkas Erste-Hilfe-Taschen genäht und mit unseren Verbandsmaterialien befüllt. Rettungsteams haben Feuerwehrhelme erhalten, Krankenhäuser mit Medikamenten versorgt. Wir hoffen, dass auf diese Weise unser Hilfstransport die schrecklichen Folgen dieses Krieges ein wenig mildert.
Beten wir auch weiterhin für einen schnellen und stabilen Frieden in der Ukraine!